Als Philipp Muntwiler als letzter Schütze im Elfermeterkrimi den Ball mit voller Wucht an die Latte donnerte, war das Schicksal der aufopferungsvoll kämpfenden Wiler besiegelt. Die Äbtestädter verloren gegen den Superligisten FC Stade Lausanne-Ouchy im Elfmeterschiessen mit 4:5 und warten auf den ersten Cupsieg gegen einen Superligisten seit dem Jahre 2012, als man gegen YB im Achtelfinal gewann. Damals aus Umbaugründen des Stadions Bergholz noch im Kybunpark.
Die Wiler erwischten einen guten Start und standen gegen die Waadtländer kompakt und liessen nur wenige Chancen zu. Und wenn es einmal gefährlich wurde, war Torwart Ammeter zur Stelle. Auf der anderen Seite profitierten die Wiler von Unvorsichtigkeiten der Lausanner Hintermannschaft, allerdings war man zu wenig effizient. Beispielsweise als Gele nach einem groben Schnitzer der Waadtländer Hintermannschaft das Tor nicht traf. Effizienz ist dann auch eine Eigenschaft, die den Wilern in den letzten Spielen etwas abhanden gekommen ist, wie Ivan Martic nach Spielende im Interview bestätigte.
Nach dem Seitenwechsel zeigte Ismaël Gharbi, was Kaltblütigkeit heisst. Der 19-jährige Spanier traf in der 58. Minute nach einer Flanke zu freistehend zum 0:1. Das Sturmtalent, das von PSG zu den Lausanner kam, ist mit einem Marktwert von 5 Millionen übrigens auf dem Papier praktisch gleich wertvoll wie die gesamte Wiler Elf. Die beeindruckendste Wiler Eigenschaft unter Coach Iacopetta ist der Kampf bis zum Schluss, der auch in dieser Partie kurzzeitig belohnt wurde. In der 96. Spielminute setzte Mergim Brahimi einen Distanzschuss an den Pfosten, Nikolas Muci scheiterte mit dem Nachschuss am Torhüter. Den darauffolgenden Eckball versenkte Aaron Appiah im Tor und sorgte für Wiler Ekstase im Stadion. Weil auch die kommenden 30 Minuten nicht ausreichten, um einen Sieger zwischen den Challenge- und Superleague-Clubs auszumachen, musste das Elfmeterschiessen entscheiden. Hier verwandelten die Wiler Staubli, Muci und Brahimi, während der erste Schütze Ndau am Torwart und der letzte Schütze Muntwiler am Querbalken scheiterte, womit die Pokalreise des FC Wil in dieser Saison in der 2. Runde beendet wird. Schade, einmal mehr (wie schon vor Jahresfrist gegen Sion) hat man das Gefühl, es wäre mehr drin gelegen. Es hat dann wohl auch ein wenig Glück gefehlt, um einen Super League Klub zu bezwingen. Denn: Neben den 17 (!) gelben Karten, die Schiedsrichter Dudic zeigte, wurde eine Tätlichkeit vom Lausanner Gassama in der 76. Minute nicht gesehen. Gut möglich, dass dies eine nachträgliche Sperre mit sich zieht. Den Wilern nützt das allerdings nichts mehr.
Der Fokus gilt jetzt voll und ganz der Meisterschaft, wo es bereits in einer Woche ebenfalls zu Hause weitergeht gegen Neuchâtel Xamax. Vor einem Jahr fertigte man im Spiel eins nach der unglücklichen Cupniederlage gegen den FC Sion den FC Aarau gleich mit 6:1 ab. Auch das würden wir diesmal sofort unterschreiben. Aber aufgepasst: Auch die Xamaxien wollen eine Reaktion zeigen. Gegen Champions League-Teilnehmer YB musste im Schweizer Cup der entscheidende Treffer erst in der 94. Minute hingenommen werden. Es ist dies eine weitere Bestätigung dafür, dass die Neuenburger in dieser Saison um Einiges mehr an Qualität besitzen als noch in der vergangenen Spielzeit.
HOPP WIL!
Telegramm:
FC Wil – FC Stade-Lausanne-Ouchy 4:5 n.E. (0:0, 1:1)
Lidl Arena, Wil: 1686 Zuschauer – SR: Dudic.
Tore: 58. Gharbi 0:1, 96. Appiah 1:1
FC Wil 1900: Ammeter; Martic, Montolio, Altmann; Dickenmann (80. Brahimi), Cueni (80. Muntwiler), Ndau, Fernandes (84. Appiah); Bahloul (98. Geiger), Gele (65. Muci), Maier (65. Staubli)
FC Stade-Lausanne-Ouchy: Da Silva; Gassama, Hajrulahu, Pos, Obexer (76. Abdullah); Hamdiu (86. Essiam), Akichi; Gharbi (100. Garcia); Mahmoud (86. Bayard), Ajdini (70. Danho), Quarri (76. Mulaj).
Verwarnungen: 37. Gassama, 45. Cueni, 64. Montolio, 74. Dickenmann, 81. Gharbi, 82. Martic, 84. Mahmoud, 91. Akichi, 92. Appiah, 104. Ndau, 110. Bayard, 111. Staubli, 113. Danho, 113. Muntwiler, 121. Altmann.
Platzverweis: 113. Dickenmann (Gelb-Rot, ausserhalb des Spielfeldes).
Bemerkungen: Wil ohne Saho (verletzt), Strübi, Link, Haile-Selassie und Bahtiyari (alle nicht im Aufgebot). Ouchy ohne Abi, Hadji, Eberhard, Tsoungi, Vachoux, Heule (alle verletzt), Bamba, Renoud, Ouedraogo, Kadima und Zesiger (alle nicht im Aufgebot).